Reise nach Maĩkon III


 
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Der Sturm legt einen außergewöhnlich brutalen Start hin. Wir werden hin- und hergeschleudert, die Segel, die wir nicht rechtzeitig reffen reißen. Die Yara krächzt wie ein altes Weib und sehen wir uns um, erblicken wir nur das tosende Meer oder vor Schreck verzogene Gesichter. Nur Erkim wirkt gelassen. Einmal glauben wir ihn sogar mitten im Getöse in einer Hängematte schaukeln zu sehen, doch wir müssen uns verguckt haben. Dann beginnt es zu blitzen und zu donnern. Das Wasser leuchtet gelegentlich grell auf und wir erkennen schwarfe Konturen von riesigen Wellen. "Was für ein Hecht!", gröhlt Erkim uns plötzlich an und hält einen Fisch in der Hand. Wir sind zu verwirrt um darauf hinzuweisen, dass Hechte im Süßwasser zuhause sind und er demnach keinen in der Hand haben kann. "Probier doch mal!", schreit Erkim nun. Wir klammern uns verzweifelt an einer Schot fest und erbrechen auf die Planken. Dann neigt sich das gesamte Schiff zur Seite und wir werden am Seil hängend hinaus gezogen aufs Meer. Kurz versinken wir bis zur Hüfte im kalten Wasser, doch da neigt sich die Yara auch schon in die andere Richtung. Als wir über das Deck pendeln, lassen wir los und rollen uns ab. Dann blicken wir hinauf zum Steuer. Dort steht mit eiserner Miene der Verschlossene. Sein Bart weht im Wind, seine Augen blicken grimmig in die Ferne. "Lass das doch die Yara machen!", brüllen wir ihn an. Sicherlich stört er sie nur. "Das kann sie selbst am besten!" Doch der Verschlossene bemerkt uns nicht, so konzentriert ist er. Neben uns taucht wieder Erkim auf. Er hat immer noch den Fisch in der Hand, aber mittlerweile fehlt ihm der Kopf. "Wenn ein starker Zauber auf einen weniger starken trifft...", mampft er. "Dann hebt der starke den kleinen auf." Wir werden gerade auf einem riesigen Schiff, von einer einzigen Person durch den größten Sturm gelenkt den wir jemals erlebten, denken wir und schließen die Augen./

Ewigkeit ist genauso endlich, wie Endlichkeit ewig ist. Ewigkeit dauert nicht lang, sie dauert schlicht und einfach an. Man braucht nicht in die Zukunft blicken um die Ewigkeit zu sehen, ein Blick in die Vergangenheit tut es genauso. Wenn man sich nun bewusst macht, wie kurz das eigene Leben im Vergleich ist, darf man nicht vergessen, dass die Ewigkeit nichts ist, woran man die Messlatte legen sollte, denn es gibt keine ausreichend lange. Sie Umfasst alles und ist die Grundlage für alle Endlichkeit. Die Frage, ob die Ewigkeit die man sieht, wenn man in die Vergangenheit blickt, oder die andere, wenn man in die Zukunft blickt, länger ist, braucht man sich garnicht zu erst zu stellen. Sie ist in beide Richtungen länger und kürzer und gleichlang zugleich. Das reicht. Derartiges Nachdenken über solche Themen belastet unseren Kopf sowieso viel zu sehr. Wie kamen wir überhaupt auf das Thema? ...Achja. Wir treiben irgendwo in unbestimmer Materie, ohne Zeitgefühl, ohne Orientierung. Wie kommen wir hierhin? Wir wissen es nicht. Da ist kein Anhaltspunkt... Nichts.

Kapeng! Da stehen wir - mitten auf dem Deck. "Siehst du sie?", fragt Erkim.
Und wie wir sie sehen!

Im roten Licht der untergehenden Sonne erkennen wir die schwimmende Stadt. Das Meer ist ruhig und der Himmel ist von einigen Wolken abgesehen klar. Auf Flößen, die das zehnfache an Fläche haben, wie die Yara stehen Hütten und Fachwerkhäuser, Kirchen und Schlösser. Da sind kleine Bauten und große und alles überragend zwei Türme. Zahllose Schiffe sind an den hölzernen Ebenen festgemacht, vor allem kleine, aber auch ganz große. „In den Kanälen“, beginnt Erkim zu sprechen „werden an Stricken Flöße hin und hergezogen. Man kann darauf mitreisen, Marktware verschicken oder sich welche schicken lassen, die ganze Stadt funktioniert auf diese Art und Weise. Ihr werdet überrascht sein. Lasst uns einen guten Liegeplatz suchen.“ Wir sind gespannt. Können es kaum erwarten, die Stadt zu besuchen und bemerken, dass es den anderen genauso geht...