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Tausend Sterne leuchten
über dem Ozean. Vergeblich suchen wir nach einem Sturm, um genau zu
sein kommen wir noch nicht einmal voran. Seit zwei Tagen sind wir
bereits wieder auf See und können noch immer das Fischerdorf
riechen. "Beschissene Flaute", murmelt der Verschlossene
neben uns in seinen Bart. Müde liegen wir in der Hängematte und
sind dazu verdammt vor uns hin zu träumen. Da vernehmen wir ein
lautes Krachen. Erschrocken stürzen wir aus der Hängematte und
stoßen uns das Auge am Knie. "Gottverdammte...", beginnen
wir, aber da verschlägt es uns auch schon die Sprache. Eines der
Fässer, die auf dem Deck stehen, damit wir für einen Schluck vom
frisch geladenen Rum nicht so weit laufen müssen, setzt sich in
Bewegung. Es fängt an zu kippeln und aus dem Fass dröhnen seltsame
Geräusche. Ein wildes Tier! Es muss ein wildes Tier sein, denken wir
und da kippt das Fass auch schon zu Seite und kommt auf uns
zugerollt. Eilig krabbeln wir, da wir kein anderes Versteck finden,
wieder in unsere Hängematte. Und direkt unter uns kommt das Rum-Fass
zum stehen. Ein Schnauben ertönt, dann reißt sich das Tier von
seinen hölzernen Fesseln los und rennt heulend und jaulend über das
Deck. Holzsplitter regnen auf uns herab. Als wir den Kopf heben,
bemerken wir, dass auch die Versunkene und der Verschlossene Zuflucht
gesucht haben. Der Verschlossene hat sich in die Luke zum Frachtraum
geworfen und schaut nun mit großen Augen heraus und die Versunkene
hängt irgendwo hoch oben im Mastkorb. "Heiliger Mist.",
murmeln wir und beobachten das Wesen, welches allzu menschlich
aussieht. Es steht an der Reeling und gibt ein erleichtertes Seufzen
von sich, während es leise plätschert.
/
"
Boa.", gibt das Wesen von sich. Dann dreht es sich
herum und ein großer bärtiger Mann wird erkennbar. "
He!",
brüllt der Verschlossene. "
Was hast du hier verloren?"
Der Mann ist erschrocken. er blickt sich um, anscheinend, kann er
keinen von uns in der Dunkelheit erkennen. "
Wer ist da?",
ruft er zurück. "
Ich bin...", fängt der
Verschlossene an. "
...der Kapitän dieses Schiffes und ich
kann mich nicht erinnern dich wissentlich mit an Bord genommen zu
haben." Wir schauen dem Geschehen erschrocken zu. Aus der
Dunkelheit kommt der Verschlossene gehumpelt. Der Mann beginnt zu
lachen. "
Dir fehlt ja ein Bein!", kichert er
hysterischer als wir es einem solchen Koloss zugetraut hätten.
"
Schonmal an einen Ersatz gedacht?" Dem
Verschlossenen platzt jetzt völlig der Kragen.
"Es sieht so
aus, als würdest du hier und jetzt von Bord gehen müssen."
"
Halt ein!", antwortet der Unbekannte, als er seine
Fassung wiedererlangt. "
Ich bin nur ein unwichtiger
Nebencharakter. Nichts, was man weiter beachten sollte."
Vielleicht ist er Schauspieler, denken wir. Wie sonst sollte er
darauf kommen sich als unwichtigen Nebencharakter zu betiteln? "
Ich
bin Schauspieler." Der Verschlossene versucht sich ebenfalls
zu beruhigen. "
Und was hast du hier verloren?" Der
Schauspieler zögert einen Moment. "
Nun ja... eigentlich
wollte ich nicht hier sein. Ich wollte unbemerkt auf einem
Frachtschiff mitreisen. Ich möchte nach Gråstad."
Nun ist der Verschlossene an der Reihe zu lachen. "Gråstad?
Das liegt nun nicht so wirklich auf unserem Weg."
Der Unbekannte nickt. "Hab schon
bemerkt. Eigentlich sollte mein Fass schon lange im Lagerhaus stehen.
Wohin ist denn dieses Schiff unterwegs?"
"Nach Maĩkon."
Dem Fremden verschlägt es die Sprache.
Es dauert eine Weile bis er sie wiederfindet. "
Wenn dem so
ist, dann möchte ich mich euch gern anschließen. Ich habe dort noch
einiges zu erledigen." Wir staunen. Offensichtlich treffen
wir schon wieder jemanden, der die schwimmende Stadt nicht nur für
ein Gerücht hält. Der Verschlossene zögert. "
Ich bin
Erkim, wenn ich mich vorstellen darf. Schauspieler, wie ich bereits
sagte und sicherlich auch ein guter Segler." Der
Verschlossene nickt vorsichtig. "
Weißt du, wie man die Stadt
finden kann?" Erkim lacht wieder, allerdings ist es diesmal
eher ein rhythmisches Brummen. "
Niemand kann das wirklich von
sich behaupten. Aber ich weiß, dass wir die Stadt womöglich finden
können." "
So willst du uns nach all deinen
Möglichkeiten unterstützen?" Erkim nickt. "
Darf
ich den Rest der Mannschaft sehen? Wir benötigen viel Manneskraft um
dieses Schiff durch den großen Wind zu steuern." "
Der
große Wind?", fragt der Verschlossene. Erkim antwortet
nicht. Wir nutzen die Pause um aus dem Schatten zu treten. "
Außer
uns ist noch eine weitere Person an Bord. Reicht das aus?"
Erkim schaut erschrocken zu uns herüber. "
Niemals! Wie habt
ihr ein solch großes Schiff zu dritt nur aus dem Hafen steuern
können?" Wir grinsen. Anscheinend hat sich der Schauspieler
noch nicht so genau umgesehen. "
Was würdest du sagen, wenn
ich sagte, dass es sich bei diesem Schiff um die Yara handelte?",
raunt der Verschlossene dem blinden Passagier ebenfalls grinsend zu.
Erkim setzt sich mit geöffnetem Mund auf die Planken. Einige Zeit
blickt er um sich und atmet schwer. Als er ausreichend Luft geholt
hat, antwortet er. "
In diesem Fall haben wir nicht das
geringste Problem."
Den Rest des abends verbringen wir redend auf
dem Deck. Eine alte Petroleum-Lampe spendet lebendiges Licht und zum
ersten Mal seit langem haben wir wieder das Gefühl, dass sich die
Stimmung wirklich hebt. "Wir
treiben hier wahrscheinlich schon seit Tagen auf der gleichen Stelle,
habe ich recht?", spricht Erkim.
Wir nicken alle wie auf Kommando. "Das
wundert mich nicht. Lasst mich euch eine Geschichte erzählen."
Wir machen es uns gemütlich um der Erzählung zu lauschen.//
"
Es war ein Land, das im Meer versank, welches Maĩkons
Grundstein legte. Das Meer war damals besonders tobend und alles was
Festland war, alles was einen Anker hatte, wurde überspült.
Darunter auch der Kontinent Mukur. Und alles Leben wurde ausgelöscht,
auf diesem Kontinent, bis auf das einiger weniger Menschen. Diese
hatten, die Flut kommen sehen. Nicht metaphorisch, sondern
tatsächlich. Von weitem. Einer von ihnen war Holzfäller und einer
Zimmermann. Einer war Schiffsbauer und es waren diese drei, die in
windeseile Bäume fällten, sägten und in wenigen Minuten aus dem
Nichts ein Boot erschufen. Kaum waren sie fertig, kaum saßen sie in
der provisorischen Zuflucht, als sie auch schon vom Meer überrollt
wurden. Außer ihnen waren ihre jeweiligen Frauen und einige Kinder
auf dem Boot und von einem ihrer Jungen abgesehen überlebten sie
alle. Sie schwammen auf der Oberfläche der schäumenden Massen und
sahen tiefunter sich im tiefen Blau ihre Heimat versinken. Zuerst sah
es so aus, als würden sie nicht lange leben, ohne Essen ohne
Süßwasser ohne alles was man zum leben braucht, doch nach einigen
Tagen rissen sich die ersten Bäume aus dem ehemals dicht bewaldeten
Landstrich los und trieben herauf. Da begann das große Wachsen. Das
Boot wurde ausgebaut, und ausgebaut, Flöße wurden daran festgemacht
und bald schon Stand dort ein kleines Haus. Gelegentlich wurden
Kisten angespült mit Nahrung und lebensnotwendigen Rohstoffen
und ganz selten auch ein Überlebender oder ein Tier. Und so wuchs
die Stadt immer weiter. Als der Meeresspiegel irgendwann wieder sank,
beziehungsweise das Universum sich erhob, war die Stadt fertig und
immer wieder reisten Fremde dorthin und manche von ihnen blieben."
"Warum ist es denn so schwer die Stadt zu finden?",
fragt einer von uns.
"
Die Stadt wurde vor dem Tod des Holzfällers, des Zimmermannes
und des Schiffsbauers mit einem Zauber belegt, sodass jeder gleiche
Qualen wie die drei erleben muss, bevor er die Stadt erreichen kann.
Es war eine Magierin aus der Familie der Sunhít, wenn ich mich recht
erinnere. Es soll den Menschen, die zur Stadt reisen zeigen, was die
Erbauer geleistet haben. Ich persönlich halte die drei für ziemlich
aufgeblasene Herren, wenn sie solche Zauber in Auftrag geben. Und
bevor mich wieder jemand unterbricht... Die Stadt kann nicht gefunden
werden von denen die sie suchen, denn auch für die Gründer der
Stadt war es nicht vorhersehbar, dass sie errettet werden würden."
"
Aber wir können sie doch finden? Mit dir?", fragen wir.
"Es gibt einen kleinen Fehler im Zauber.
Wer schon da war, findet immer wieder hin, auch wenn er es nicht
sagen kann. Nun denn... den Sturm werden wir trotzdem über uns
ergehen lassen müssen!" ,
flüstert Erkim leise.
Kaum hat er geendet,
straffen sich auch schon ruckartig die Segel. Die Öllampe verlischt,
es beginnt zu regnen.